Petra Wolber

01

Mein Name ist Perta Wolber.

Paula Böhler hatte so eindrücklich von ihrem Aufenthalt, ihrer Arbeit, ihren Erfahrungen in Nepal erzählt, dass ich mich fragte, ob ich mich hier nicht auch einbringen könnte. Da ich zwei Jahre Rentenzeit und uneingeschränkte Freiheit sehr genossen hatte, war ich auf der Suche nach einer neuen Herausforderung. Meine Erfahrungen als Lehrerin, als Familienhelferin beim Jugendamt, könnten ja möglicherweise gefragt sein. So schickte ich kurz entschlossen eine E-Mail an Omari: Könnt ihr auch eine 69 Jahre alte Rentnerin brauchen?

Sie konnte sich das vorstellen.

Also machte ich mich am 1. Februar bei Schneetreiben und minus 15° Kälte auf den Weg.

02

Die Reise
scheint ewig zu dauern, besonders die 6 Stunden Aufenthalt in der Flughalle Abu Dhabi sind sehr ermüdend.

Das Flugzeug nach Kathmandu ist bis auf den letzten Platz belegt. Ich frage mich wo die jungen Männer hin wollen. Später erfahre ich das es neplesische Gastarbeiter sind die aus den Emiraten in ihre Heimat zurück kehren

Am Flugplatz wurde ich von Omari abgeholt und bekam zur Begrüßung eine „katha“ (Schal) umgelegt.

Ich bin froh,
als wir endlich das schöne Om Prem Guesthouse in Champi -Hunumath erreicht haben.                 Das ist eine Oase der Ruhe.
Von der Terrasse aus ist im Norden ein Teil der Himalaya-Bergkette zu sehen.
Ein Ort um „die Seele baumeln lassen!“

Mit Omari durch die Dörfer zu gehen,
bedeutet jederzeit bereit zu sein, die eigenen Vorhaben zu ändern. Eine Frau hat zum Beispiel ein so dick geschwollenes Bein, dass sie den Weg ins Krankenhaus nicht gehen kann. Eine Fahrmöglichkeit muß organisiert und die Aufnahmegebühr im Krankenhaus bezahlt werden.
2 Tage später besuchen wir die Frau. Das Krankenhaus in Nepal: Dunkle Räume, Betonböden, einigermaßen sauber. Viele kranke Männer, Frauen und Kinder in einem Raum. An jedem Bett sitzt einer oder mehrere Angehörige, denn Krankenpflege und Essenversorgung ist Aufgabe der Familie.

Die „Dorf - Post“ funktioniert bestens:
Es wird Omari zugetragen, dass die beiden Witwen und ihre Kinder aus Salindar, nichts mehr zu essen haben. Die beiden Männer sind auf tragische Weise ums Leben gekommen.  Das kleinste Kind ist 20 Monate alt, hat aber höchstens die Größe eines 9 Monate alten Kindes und ist erschreckend dünn. Es wird noch einige Zeit dauern bis der kleine Zwerg sein Normalgewicht erreicht hat.

Also lassen wir wieder unsere eigenen Pläne außen vor und machen uns auf den Weg ins Dorf, das wir nach 45 Minuten Gehzeit erreichen.

Das Nepal-Denken,
dass die Frauen Schuld sind am Unglück ihrer Männer ist für uns kaum nachzuvollziehen.
Solche Frauen haben kaum mehr eine Chance. Sie müssen froh sein, dass sie nicht aus der Familie und der Dorfgemeinschaft ausgeschlossen werden.
Im Dorfladen kaufen wir Lebensmittel- und Hygienepakete mit den nötigen Grundnahrungsmitteln, dazu ein paar Kekse und Schulhefte für die Kinder, Zahnbürsten und Pasta, Seife und Waschbälle.          Die Frauen benützen ihren Schal als Trageband um Stirn und Sack, um die Einkäufe in ihr Bergdorf zu schleppen.

Es fällt schwer, das materielle und emotionale Elend dieser Frauen mit anzusehen und so wenig tun zu können.

03

Das Dörfchen Hunumath
liegt etwa 20km südlich von Kathmandu.
Der Legende nach leitet sich der Name ab vom Affengott Hanuman. Er soll sich im Wald von Hunumath gezeigt haben.
So findet man im Ort viele kleine Tempel, die dem Affengott geweiht sind.

Das Tal ist breit.
Die terrassenförmig angelegten kleinen Felder ziehen sich steil die Hänge hoch. Der Boden muß sehr fruchtbar sein, denn schon ab Februar kann man dem Getreide, Senf und Spinat förmlich beim Wachsen zusehen. Bewässert werden die Felder mit Hilfe eines künstlich angelegten Wasserkanals. Der schmale Lehmweg, der an ihm entlangführt ist mein Schulweg und lädt zu ausgiebigen Spaziergängen ein.
Meist sind es die Frauen, die die schweren Körbe voller Holz, Viehfutter oder Kuh- und Ziegenmist am Stirnband die Hänge hoch schleppen.

Am Wasserlauf sieht man manchmal auch Männer und Kinder ihre Wäsche waschen.                     Die gewaschenen Kleiderstücke werden am Weg über eine Hecke gehängt oder auf der Wiese  zum Trocknen ausgebreitet.

Die meisten Häuser
haben weder eine Wasserleitung noch Strom oder Gas.Das Wasser wird vom Dorfbrunnen geholt.

Gekocht wird meistens auf einer Holzfeuerstelle im Haus.
Erfahrungsgemäß werden zweimal im Jahr Gas und Benzin knapp oder es gibt gar nichts mehr.
In Kathmandu sind dann die Straßen angenehm leer und der Gestank lässt nach. Die Autos parken kreuz und quer am Straßenrand, eben dort wo der letzte Tropfen Benzin ausging.
Die nepalesische Regierung bezahlt die offenen Rechnungen an Indien nicht, also wird der Gas-und Benzinhahn zugedreht und es kommen keine neuen Lieferungen.
Die Geldtöpfe der Regierung sind nicht üppig gefüllt. Die Nepalesen bezahlen nicht gerne Steuern weil sie das nicht einsehen.
Das Wasser kommt von Gott… weshalb soll man dafür bezahlen. Die Straßen bauen die Ausländer… weshalb soll man dafür bezahlen.

Die Menschen im Dorf
sind sehr freundlich. Selten grüßen sie von sich aus, sind aber jederzeit bereit meinen Gruß mit einem lächelnden „namaste“ zu erwidern. Bald kann ich auch ihre neugierigen Fragen "verstehen". Wenn die Fragenden mit meiner Antwort „Champi - Hunumath“ nicht zufrieden sind dann wollten sie nicht mein Woher-Wohin wissen, sondern aus welchem Land ich komme.
Also sage ich noch „Germany“  und wir trennen uns in dem Gefühl, einander prächtig verstanden zu haben.

Bei unseren Tätigkeiten in der Stadt
müssen wir darauf achten, rechtzeitig den Rückweg anzutreten. Ein Bus kommt, wann er kommt. Und gegen Abend ist er oft hoffnungslos überfüllt. Um spätestens 19 00 Uhr ist es selbst im Sommer dunkel. Die Einheimischen sehen es nicht gern, wenn jemand nach Einbruch der Dunkelheit unterwegs ist. Trotzdem machen wir meistens in Hunumath Station in Kumaris „Dorfkneipe,“ bevor wir die letzten paar Schritte zum Om Prem Guesthouse hoch gehen.

Bei Kumari
gibt es abgesehen von dem köstlichen heißen Tee alle nötigen Dorfinformationen:
- ob in Kathmandu streik ist.
- das der Maler nicht bei der Arbeit vom Gerüst gestürzt ist, sondern vom Dach weil er betrunken war.
- dass morgen einer der unzähligen Feiertage ist und man nicht erwarten kann, daß dass jemand arbeitet.
Bei Kumari muß ich Nepali lernen. Sie spricht mir die Zahlen von 1 bis 10 vor oder die Wörter
für Mund, Nase, Augen, Ohr, sowie alle Obst und Gemüsesorten. Ich wiederhole alles, bis sie zufrieden ist. Verstehe ich einmal nicht, was sie mir mitteilen will, sagt sie das gleiche lauter und lauter und lauter… Bis sich unser „ Gespräch“ in Gelächter auflöst.

Kumari ist eine Frau mit Herz und Humor.
Die kugelrunde 63jährige hält ihre Großfamilie mit fester Hand zusammen. Gleichzeitig hat sie erstaunlich moderne Ansichten:
2 Kinder sind genug. Gesundheit ist das wichtigste.
Es ist sehenswert: Wie sie da sitzt und alle unterhält. Über die langen, schwarz gefärbten Haare ist die rosa farbige Strickmütze gestülpt. Um ihren Leib hat sie ein farbenfrohes Tuch geschlungen, in dem sich ihr Geldsäckchen befindet.
Die nackten Füße stecken in Flip-Flops, trotz der nächtlichen Kälte im Februar.
Die Nepalis erleben das gerade anders rum als wir Europäer.
Sie sagen: Wenn der Kopf warm ist, dann ist der ganze Mensch warm.

Zu Hause angekommen,
hat Laxmi oft schon ein Holzfeuer in einer großen Schale vorbereitet. Wir sitzen zusammen mit der 7 köpfigen nepalesischen Familie rund ums Feuer, schauen in die Flammen oder in den Sternenhimmel. Wir haben viel zu lachen mit unserem Kauderwelsch aus Deutsch-Nepali-Englisch und mit Händen und Füßen.
Gut durchwärmt gehen wir ins Bett, froh an der Stille im Dorf.

04

Am 2. Februar
um 19.30h komme ich in Kathmandu an, frisch importiert aus Europa, mit Armbanduhr am Handgelenk.
Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit rechnete ich bisher zu meinen europäischen „Tugenden.“
Mit Gepäck und Visum verlasse ich das Flughafengebäude.
Viele Taxifahrer stürmen auf mich zu und wollen mich zu „ ihren“ Hotels bringen. Der mir angekündigte Fahrer ist nicht dabei.
Purna hat diese Fahrt schlicht vergessen. So werde ich bereits bei meiner Ankunft schon zu nepalesischer Gelassenheit gezwungen.
Ich lerne den taxifahrenden Brahmanen Purna später als absolut zuverlässig kennen.

Amüsiert kann ich einmal die Umkehrung der Werte beobachten:
Zwei Europäer, die 5 Monate im Land waren, haben sich so sehr aklimatisiert, dass sie den ungeduldigen Purna lange, lange warten ließen, bis sie schließlich zu einem verspäteten Aufbruch bereit waren.

„Bholi bholi bholi“
drückt dieses völlig andere Zeiterleben aus. „Morgen, morgen, morgen“ bedeutet noch lange nicht, dass etwas morgen erledigt wird.
Es bedeutet nur, dass es sicher nicht heute dran ist. Es bedeutet auch generell: „ Nur nicht so eilig.“ Während den Renovierungs-und Umbauarbeiten vom Om Prem Gästehaus hat Omari schon sehr viele bholi bholi bholi miterlebt. Auf die Fertigstellung des Eingangstors und die Treppe zum Gästehaus wartet sie schon seit 9 Monaten. Sollte der Monsun früher kommen als die Arbeiter des Hausbesitzers, wird wohl die provisorisch in den Lehm gegrabene Treppe weggeschwemmt.

Im Februar
hatten wir Probleme mit dem Wasser. Ständig waren unsere Wasserfässer leer, obwohl der Vermieter versichert hatte, dass dem Gästehaus immer genügend Wasser zur Verfügung stehe. Als Omari nach vielen bholi bholi bholi dem Hausbesitzer sagte, dass sie keine Miete bezahlt, wenn sie nicht genügend Wasser bekommt, löste plötzlich sofortiges Handeln das ewige bholi bholi bholi ab.
Der Chef des Wasserhochbehälters versicherte, er leite uns regelmäßig Wasser zu. Da die Leitungen aber zum Teil oberirdisch verlaufen und die Verteilerstellen jedem zugänglich sind, versorgen sich unsere Nachbarn rundum an unserer Leitung.
Schließlich kommt das Wasser von Gott. Warum sollte man dafür bezahlen?
Omaris Erfahrungen mit den Handwerkern während der Umbau-und Renovierungsphase des Om Prem Gästehauses sind Variationen von „bholi bholi bholi.“ Der Glaser sagte, er beginne morgen um 9.00 Uhr. Tatsächlich erscheint er um 16.00Uhr, um 1 Stunde zu arbeiten.
Die veranschlagte Woche Arbeitszeit weitet sich auf 6 Wochen aus. Und was die Garantieleistung von 25 Jahren betrifft: Nach einem halben Jahr haben 2 Fenster einen Sprung und zum Öffnen für ein paar Schiebefenster benötigt Omari einen Hammer.
4 neue Badezimmer wurden eingebaut, sie sollten nach 20 Tagen fertig sein. Diese Arbeiten dauerten wegen bholi bholi bholi 2 Monate.

Planen liegt den Nepalesen nicht. Sie leben im Augenblick.
In der kalten Jahreszeit lieben wir alle ein abendliches Holzfeuer in der großen Schüssel.
Das brauchen wir zum uns aufzuwärmen. Wenn Omari am Tag Holz sammelt wird sie ausgelacht. Erst bei Dunkelheit springen die Jungs mit der Taschenlampe in die Büsche und hacken Holz.
Sie hätten tagsüber dafür viel Zeit gehabt. Aber wer denkt denn während der Mittagssonne an die Abendkälte?

In der Schule
mache ich ähnliche Erfahrungen. Nachdem feststeht, dass ich in Klasse 7,8,9 Deutschunterricht gebe, bitte ich um einen festen Stundenplan. Nach 3 Mal bholi bholi bholi erbarmt sich einer der Lehrer,      10 Minuten später habe ich meinen Plan. Allerdings fiel Klasse 9 sofort weg: Sie müssen lernen.    Eine Woche später erzählt mir Klasse 8, dass sie jetzt „holiday“ haben. Sie bleiben bis zu ihren Prüfungen zu Hause um zu lernen. Ich arbeite mit der 6. und der 7. Klasse weiter, um wiederum von den Schülern zu erfahren, dass in der letzten Schulwoche  vor den Ferien kein Unterricht stattfindet. In dieser Woche haben alle Klassen von der Nursery bis zur 9. Klasse Prüfung.                                  Die Schulabschlussprüfung der 10.Klasse ist zentral in Kathmandu.

you must see
ob aus Angeboten eine Verabredung wird.
Ich bekomme mehrere Angebote: Wir fahren mal zusammen nach Nagarkot. Da muss man gewesen sein! Dann höre ich zwei Monate nichts mehr und denke: Wird wohl nichts!
Da ruft der Rektor der Schule an. Morgen wird er mit mir nach Nagarkot fahren.

Ist es nicht großartig,
den Tag, die Stunde, die Minute, die Begegnungen so „nepalesisch“ auf sich zukommen zu lassen?

05

Hunumath ist ein kleines Dorf,
das Om Prem Guesthouse ist ein „ peaceful place“, wie einmal ein Gast formuliert.
Die Lage in wunderschöner Umgebung zwischen den Hügeln hat für die soziale Arbeit aber auch Nachteile.
Man hat oft den Eindruck, dass der Internet – Zugang ein Zufalls -Treffer ist.
Gerade ist eine Mail an den Verein geschrieben und könnte gesendet werden, kommt die Information: Netzwerkzeitüberschreitung.
Damit ist alles weg. Omari muß - wenn der Computer will, wenn Strom da ist, wenn sie Zeit hat – von vorne beginnen.
Ab September soll das anders werden, dann kommt ein neuer Internetzugang auf den Markt.

Übrigens:
Von Mitte Oktober bis Mitte April gibt es in Nepal 2x1 Stunde pro Tag Strom.
Die restliche Stromzuteilung ist nach Mitternacht. Das macht eine zügige Büroarbeit unmöglich.

Inzwischen betreut Omari 56 Patenkinder und die verschiedensten sozialen Projekte
im Umkreis von ca. 14 km.
Um die verschiedenen Dörfer zu erreichen, müssen wir etwa eine Stunde zu Fuß gehen und anschließend noch 3 bis 12 km mit dem Bus fahren.

Nach Duku Chap eine Stunde, der Weg führt über Berge auf und ab ins nächste Tal.

Nach Thulopokari laufen wir 45 Minuten über den "Wasserweg" und fahren 3km mit dem Bus.

Nach Zunikel, laufen wir 45 Minuten und fahren 7km mit dem Bus.

Nach Bungamati und Kokana laufen wir 45 Minuten und fahren 8km mit dem Bus und laufen 10bzw.20 Minuten zu den Dörfern.

Nach Bhainsepati laufen wir 45 Minuten und fahren 9km mit dem Bus.

Nach Bhainsepati- Sainbu laufen wir 45 Minuten und fahren 12km mit dem Bus.

Es ist wichtig den Kontakt mit den zu betreuenden Familien zu pflegen. Durch die langen Wege erfordert jeder Besuch in einem Dorf einen ganzen Tag. Schließlich dauert es zusätzlich seine Zeit, bis ein „Dorf - Bote“ alle Gesprächspartner herbeigerufen hat und alle Punkte geklärt sind.

Von Salindar
sind wir in 15 Minuten in Champi bei Yashada Thappa der Rektorin der Noble Education System Schule und bei Bimal Thappa dem Rektor der Holy Temple Schule. Gerade im April zu den neuen Einschulungen und zum Schuljahreswechsel machen wir hier oft Station, um mit Yashada und Bimal Informationen auszutauschen. Das geht nicht ohne eine Einladung zum Tee oder Kaffee und Dal Bhat- Essen, was nicht immer abgelehnt werden darf. Das käme fast einer Beleidigung gleich.

Ab Champi fährt ein Bus
in Richtung Kathmandu- wenn er fährt.
Oft müssen wir bis Bungamati laufen, runde 10 km auf heißer Teerstraße. Kommt dann schließlich doch noch ein Bus, ist er so überfüllt, dass auf dieser Holperstrecke wenigstens kein Mitfahrer mehr umfallen kann.
Die deutsche Botschaft, das Immigration Office, der Copy-Shop, die lokalen Läden für Schulbedarf und Winterkleidung und Decken sind nur so zu erreichen.

Mit einem Motorrad für Omari
wäre alles einfacher, schneller, zeitsparender und effektiver. Von Spendengeldern aber würde sie niemals ein Fahrzeug kaufen, selbst wenn der Verein das befürworten würde. So wartet das dringend benötigte Motorrad noch immer auf die zweckgebundene Spende.
Omari träumt davon, dass die Mitglieder eines Motorradclubs zusammenlegen und die erforderlichen 1800€ spenden.

Der April ist ein besonders zeitintensiver Monat.

Es geht auf die Einschulungen und den Schuljahrswechsel zu.
Das bedeutet, die neuen Patenkinder müssen ausgewählt werden.
Das ganze Jahr über notiert Omari bedürftige Kinder, die eine Schulpatenschaft bekommen sollen und im April wird nochmals abgeklärt, ob dieses Kind noch bedürftig ist oder sich die Situation geändert hat, was eher selten vorkommt.

Wegen der Einkäufe für die Patenkinder und das Patenfamilientreffen gehen/fahren wir einige Male in die Stadt.

Oder schon früh am Morgen um 6.00 Uhr
kommen Eltern zu Omari und bitten um eine Patenschaft.
Ständig und überall die gleiche Anfrage, die gleiche Bitte.

Eines Tages steht Omari unerwartet 10 Familien aus Duku - Chap gegenüber. Sichtbar armen Familien. Alle erhoffen sich eine Patenschaft für ihre Kinder.
Die Mütter und Väter verstehen nicht, warum nicht alle Kinder eine Schulpatenschaft bekommen können. Die Erklärungen, dass in diesem Jahr nur 9 neue Kinder in die Schule gehen können, weil nur 9 Paten/Innen ein Schulpatenkind „angenommen“ haben,  wird nicht verstanden.

Die Nepalesen denken so:
Omari ist Deutsche.
Der Verein hat seinen Sitz in Deutschland.
Alle Europäer sind reich.
Omari könnte also mein Kind in die Schule schicken, wenn sie nur wollte!

Nicht mehr Kindern durch eine  Schulpatenschaft den Schulbesuch ermöglichen zu können, ist belastend. Die Auswahl der neuen Schulkinder ist schwierig, denn kein Kind hat ein Reiskorn mehr  als das andere.

Jeder muss da seine eigene Methode des Abschaltens und Auftankens finden

Wie toll
Es sind noch 3 Patenschaften eingegangen.
In Nahankel kaufen wir nochmals 3 Schulranzen, Schreibzeug und drei Kuscheltiere.
Die Verkäuferin im Spielwarenladen kann uns keine Rechnung schreiben. Der Chef ist nicht da und sie kann nicht schreiben.
Zum Glück kommt gerade ein Vater mit seinen beiden Kindern in das Geschäft. „Babu,“ der zwölfjährige Junge wird aufgefordert, die „bill“ zu schreiben. Aus einem Heft reißt die Verkäuferin einen Fetzen Papier. In eine Ecke schreibt der Junge games 600RS.
Welche Unterschrift er unter dieses Dokument setzt, ist unklar. Ist es sein Name, der des Chefs oder der Angestellten?

Jeder deutsche Buchhalter
würde solch einen „Fresszettel“ ablehnen.
Die deutsche Botschaft in Nepal akzeptiert ihn, da sie die Verhältnisse kennt.
Viele Eltern der Patenkinder können weder lesen noch schreiben. Viele Eltern wissen, daß die Entwicklung auch in Nepal über die Schulbildung und den Schulabschluss geht.
Leider gibt es auch Väter die sagen: ich war nur sechs Jahre in der Schule. Das reicht auch für mein Kind.
Zum Glück ist diese Einstellung selten.

Der Bedarf an Schulpatenschaften ist riesengroß.
Vielen Kindern in Nepal wünsche ich Patinnen und Paten.

06

Schon zwei Tage nach meiner Ankunft in Champi – Hunumath
lerne ich Bimal Thapa kennen. Bimal ist der Rektor der Holy Temple – Schule in der ich tätig sein werde.
Diese erste Begegnung konfrontiert mich mit einer grundsätzlichen Schwierigkeit: ich habe große Mühe sein Englisch zu verstehen. Betonung und Aussprache entsprechen nicht dem, was ich gelernt habe. Das geht mir nicht nur bei Bimal so, sondern bei fast allen Englisch sprechenden Nepalesen.
Ich höre mich zwar mit der Zeit ein, muss aber auch nach drei Monaten immer mal um Wiederholung bitten.

In den ersten Tagen meiner Tätigkeit in der Schule
würde mich der Rektor am liebsten von Klasse zu Klasse schicken.
Omari rät mir dringenst davon ab. Das frißt zu viel Energie und macht dich platt, weiß sie aus Erfahrungen.
Schließlich steht mein Stundenplan: Deutsch-Unterricht in den Klassen sechs bis acht. Die Schüler machen gerne mit.
Bald werde ich auf dem Schulweg sogar von den Eltern und Geschwistern mit „Guten Morgen“ gegrüßt.

Besonders gerne gehe ich in die Lower-Kinder-Group
(LKG). Diese Vorliebe wird belächelt, bis ich sie bei einem gemeinsamen Frühstück erklären kann.
Die Arbeit mit den Vier- bis Fünfjährigen ist sehr anstrengend, denn selbst diese Kleinen haben schon ein volles Lernprogramm bei zu wenig Pausen zu bewältigen. Lehrer und Schüler sind da oft überfordert.

Mein Vorschlag,
Platz für die Schulranzen zu schaffen, damit die Kinder nicht mehr auf ihren Schultaschen schreiben müssen, wird begrüßt.
Um dem Plan zur Wirklichkeit zu verhelfen, kauf ich wenigstens für die LKG ein stabiles Bambusregal.
Jetzt hat jedes Kind sein Plätzchen für sich alleine.
Ein Anfang. Ich hoffe, dass andere Klassen auch bald in den Genuss eines Regals kommen.


Auch mein zweiter Vorschlag wird dankend angenommen.
So kleine Kinder können sich nicht länger als 20 Minuten konzentrieren.                                   Tatsächlich übernehmen die Lehrer der unteren Klassen die Methode, nach 20 Lernminuten ein kurzes Finger – oder Singspiel zur Erholung einzuschieben.
Das freut mich sehr.

Beim Lehrer – Meeting

kann ich auch zwei Lehrmethoden für die höheren Klassen vorstellen, wenigstens ab und zu vom Frontal-Unterricht abzuweichen.
1. Buch-Vorstellung. Jeder Schüler könnte sein Lieblingsbuch vorstellen, etwas über Inhalt und Autor erzählen.
2. Die Schüler könnten in Teamarbeit ein Thema vorbereiten.
Das Lehrerkollegium ist skeptisch. Sie finden diese Unterrichts-Methoden nicht geeignet für nepalesische Schulen.

 

Alles braucht seine Zeit.

Es hat ein ganzes Jahr gedauert, bis Omaris Vorschlag, die Klassenzimmer mit einer freundlichen Farbe zu versehen, Wirklichkeit wurde.
In den Ferien wird die Schule frisch gestrichen. Das grässliche Schwarz im unteren Wandbereich weicht einem freundlichen Nepali-Blau, der obere Teil der Wand wird gelb. Wir teilen uns die Kosten. Ich bezahle die Malerlöhne aus meiner eigenen "Tasche" und der Rektor die Farben.
„ Wir“ haben jetzt helle Klassenzimmer, zusätzlich dekoriert mit den fröhlichen Fensterbildern, die Bimals Frau gebastelt hat.
Ich bin sicher, dass Buchvorstellungen und Teamarbeiten, früher oder später auch Einzug halten in dieser Schule.

Bimal ist ein aufgeschlossener Rektor,
der sich „the best of all schools“ wünscht. Das drückt sich zusätzlich in seiner menschlichen Einstellung aus. Er redet mit den Müttern aus Salindar auf Augenhöhe, denn er macht keinen Unterschied zwischen den verschiedenen Kasten. Ob eine Frau verheiratet ist oder Witwe – er begegnet ihnen mit der gleichen Achtung.

Mein körperbehindertes Patenkind Sangiv

hat keine Füße, er kann aber auf den Beinstümpfen ganz gut gehen. Sangiv wird selbstverständlich in der Schule aufgenommen. Das Kind braucht dringend „Schuhe“ für seine Beinstümpfe. Omari hat schon drei Schuhmacher mit der Herstellung solcher Schuhe beauftragt. Ohne Erfolg. Devid Tamang, der Ziehvater von Sangiv, hat Beziehungen zu einem Spezialisten. Nachdem nun Bimal die Sache in die Hand genommen hat, sind die Schuhe in Arbeit!

Witwen und Behinderte sind in Nepal
meistens aus der Gemeinschaft ausgeschlossen.

Auch an anderen sozialen Projekten
kann ich mitarbeiten und bei Besprechungen dabei sein.
Die Mütter der Patenkinder aus Salindar möchten lesen, schreiben und englisch lernen. Bimal wird mit dem Lehrerkollegium klären, wer diese Aufgabe übernehmen kann und was das Projekt kosten wird.

Ein geistig zurückgebliebenes Kind
besucht seit zwei Jahren die 1.Klasse, es soll nochmals einem Facharzt vorgestellt werden, um danach dem Kind gezieltere Förderungen zu ermöglichen.

Mein Patenkind Sangir
sollte spezielle Schuhe bekommen. Omari hatte schon 3 Schuhmacher damit beauftragt, jedoch das Vorhaben scheiterte.
Devid Tamang der Ziehvater von Sangir hat Beziehungen zu einem Spezialistener wird die Schuhe machen.

Im April werden elf neue Patenkinder ausgewählt.
Elf Kinder bei über 60 Anfragen!
Das erlebe ich hautnah mit und empfinde das ist sehr, sehr hart!

3 Monate Volontariat.
Eine lange und gleichzeitig zu kurze Zeit.
Für mich auf jeden Fall eine reiche Zeit voller Begegnungen und Erfahrungen.
Was von meinem Einsatz Bestand hat, wird sich zeigen.

Es bleiben viele, viele Aufgaben für Omari und andere Helfer und Volontäre.

07

ch helfe Omari das Patenfamilientreffen vorzubereiten.
Die Einladungen an die Patenkinder und ihre Eltern, Rektoren und stellvertretende Rektoren müssen im Umkreis von 14 km überbracht werden, zu Fuß und mit dem Bus.

Großeinkauf für unsere "Shivom-Kinder"

An mehreren Einkaufstagen kaufen wir: Schulranzen, Bleistifte, Radiergummi, Spitzer, Geschenke, Palmblatt-Teller, Obst und Schokolade, Seife, Zahnbürsten und Creme, für 55 Patenkinder. Mit der Auswahl geht Omari sehr sorgfältig um, es wird nicht irgendein Ranzen gekauft, sondern er muss zum Kind passen. Ebenso wählt sie die Geschenke aus und die Qualität der Schulutensilien.
Und der Preis muss stimmen.

Wir bestellen Essen und Trinken für das Patenfamilienfest.
Aus Karton schneide ich Buchstaben aus und klebe den Schriftzug auf Stoff:
Om Shivom Nepal e.V.
2069-2012
2012 steht für die deutsche Jahreszahl, 2069 für die nepalesische.

Der fertige Stoff dient als Hintergrund für die Fotos der „Shivom-Kinder“.
Während dieser Zeit schreibt Omari die Namenschilder für die Geschenke.

Ich bin sehr gespannt und freue mich auf das Patenfmilientreffen.

Mein Patenkind Sangiv

08

Und ich war dabei
Am Festtag gehen wir um 6.00h aus dem Haus
und schauen zuerst bei Kumari vorbei. Ihre 2 Söhne wollen uns mit dem Motorrad zum Festplatz fahren.
Das Angebot nehmen wir dankend an.

Auf dem „ Festplatz“ bereiten wir alles vor.
Ich fülle 55 Palmblatt-Teller (statt Schultüte) und stelle sie auf eine lange Stoffbahn.
Omari legt auf fünf Tischen Schulranzen und Geschenke aus,
sowie den Obst- und Schokoladenberg.
Das ist alles sehr zeitraubend.I

Um 11.00h beginnt das Patenfamilienfest.
Omari begrüßt zuerst die Patenkinder und ihre Eltern sehr herzlich.
Danach folgt in traditioneller Form die Begrüßung der Restaurantbesitzer, der
Rektoren und stellvertretenden Rektoren Ihnen wird eine Kata ( Schal ) um den Hals gelegt
und sie bekommen ein kleines Geschenk.

Die Kinder werden schon wuselig und ihre Spannung wächst.
Omari überreicht jedem Patenkind den gefüllten Teller und das Geschenk
und die Schulanfänger bekommen ihren Schulranzen.
Dank Omaris Erfahrungen sind auch kleine Geschenke für die jüngeren Geschwister da.
So werden manche Tränen vermieden.

Das Essen-Glöckchen läutet.
Die knurrenden Mägen werden mit Chicken-Chowmen gefüllt.
Das sind Reisnudeln mit Gemüse und Hähnchen.

Nepalesische Musik erklingt
Viele Kinder und Eltern tanzen.
Ein paar Jungs spielen Fußball.
Mädchen packen ihre Geschenke aus.
Die älteren Patenkinder lesen die Anleitung ihrer neuen Spiele
Für die Patenkinder und ihre Eltern ist der Festtag ein fröhliches und spannendes Ereignis.
Es bedeutet für sie auch: Mal rauskommen aus dem harten Alltag.

09

Jetzt gibt es mal einen ruhigeren Tag.
Den nutzen Omari und ich zum Pläne-Schmieden:

Hier ist das zusammengefasste Resultat:
Die Schulhöfe der Nobles Education System Schule und der Holy Temple Schule brauchen Schattenplätze.

In Salindar sollen mehrere Arbeitsplätze geschaffen werden.
Das würde den Witwen zu Selbständigkeit, Selbstbewusstsein und einem menschenwürdigen Leben verhelfen.

Wir brauchen unbedingt mehr Patenschaften.
Damit mehr Kinder eine große Chance für ihr Leben bekommen.

Wir benötigen mehr Geld für soziale Aufgaben und neue Projekte, zum Beispiel:


- Nahrungsmittel und Hygieneartikel für Witwen und ihre Kinder, für vergessene,

alleinstehende, alte Menschen.

- Mittagessen in den 2 Schulen.

- Bau und Unterhalt eines Hostels für in Not geratene Kinder.

- Arzt- Medikamenten- und Krankenhausaufenthaltskosten.

- Schulbuskosten. u.s.w.

Wie erreichen wir Spenden - Unterstützung?

Vielleicht könnte man bestimmte Gruppen für bestimmte, zweckgebundene Spenden gewinnen, zum Beispiel:

-        Restaurantbesitzer, Bäcker, Metzger...spenden für Lebensmittelpakete oder den Mittagstisch in den beiden Schulen

-        Ärzte und Apotheker für Medikamente und Krankenhauskosten

-        Reisebüros und Busunternehmer für den Schulbus

-        Lehrer und Schüler verkaufen Steine und spenden den Erlös für das Hostel-Haus.

-        Drogerien für Hygienepakete

-        Bekleidungsgeschäfte für Winterkleidung und Decken

-        Schuhmacher und Schuhgeschäfte für Winterschuhe

-        Malergeschäfte für Malerarbeiten in den Schulen

-        Nicht zu vergessen der Motorradclub für das dringend benötigte Motorrad für Omari.

Mit Hilfe dieser zweckgebundenen Spenden könnten die nicht gebundenen Spendeneinnahmen für neue soziale Projekte verwendet werden.



Bitte helfen Sie mit - damit die Vorhaben des Vereins Wirklichkeit werden können:
Danke, Petra

10

Jetzt ist der Tag gekommen

vl. Omari, Bimal und ich
Vom Rektor bekomme ich ein Anerkennungs-Dokument
und von den Schülern ein Blumen-Mee

Überraschung für den Rektor und die Lehrer.
Die Schüler singen auf deutsch und im Kanon das Lied Brüder Jakob,
das ich mit ihnen eingeübt habe.

 

namaste - aufwiedersehen